Das Programm

Die CyberMentor-Plattform

Das Online-Mentoring-Programm ist rundenbasiert konzipiert. Jede Runde dauert über ein Jahr lang. Ausgehend von den MINT-Interessen wird jeder Schülerin eine passende Mentorin aus dem MINT-Bereich zugeteilt. Das Mentoring erfolgt über eine geschützte Online-Plattform via Mail, Chat und Forum. Zwei Mentoring-Paare mit ähnlichen MINT-Interessen bilden eine Community. Hier können sie gemeinsam MINT-Projekte bearbeiten und sich über ihre Lieblings-MINT-Themen austauschen. Die Schülerinnen (Mentees) erleben den MINT-Bereich somit auf der Plattform in einer Vielfalt, die über die 1:1-Betreuung durch eine persönliche Mentorin hinausgeht.

Um die Mentoring-Runde zu strukturieren, ist das CyberMentor-Jahr in vier MINT-Phasen eingeteilt.

Die erste Phase „MINT im Alltag“ dient zum Aufbau der Beziehung zwischen Schülerin und Mentorin und stärkt den Gruppenzusammenhalt der Communities. Gemeinsam mit der Community können sie spannenden MINT-Alltagsfragen auf den Grund gehen. „MINT aktiv“ regt die Communities zu Projekten wie „Warum löscht Textmarker Tinte?“ oder „Wie lade ich mit einer Essiggurke mein Smartphone auf?“ an. Einen Blick über den eigenen „MINT-Tellerrand“ ermöglicht „MINTeinander“: Hier können sich unterschiedliche Communities zusammenschließen, um gemeinsam interdisziplinäre Projekte durchzuführen. In der vierten Phase „MINTblick“ reflektieren die Teilnehmerinnen ihr Mentoring-Jahr und blicken auf die schönsten und lehrreichsten Momente bei CyberMentor zurück.

Auf der CyberMentor-Plattform finden die Teilnehmerinnen darüber hinaus vielfältige Informationen zu MINT. Sie haben Zugriff auf eine umfassende Sammlung an MINT-Themen und -Projekten, deren Ergebnisse sie in unserem plattform-internen Magazin „CyberNews“ veröffentlichen können. Die Mentorinnen moderieren regelmäßige Themenchats zu interessanten MINT-Fragen wie „Ausbildung oder Studium – was passt zu mir?“ oder „Wie sieht der Berufsalltag einer Programmiererin aus?“ und beantworten die Fragen der Mentees. In unserem Praktikums- und Veranstaltungsforum können sich die Schülerinnen über vielseitige Angebote unserer Partner und Sponsoren informieren. Zudem haben sie Zugriff auf Handbücher zum Mentoring-Jahr sowie auf Bedienungsanleitungen zu verschiedenen Plattformfunktionen.

Forschung bei CyberMentor

Die Begleitforschung

Mittlerweile existieren nahezu unzählige Mentoring-Programme, allerdings werden die wenigsten wissenschaftlich begleitet. Dies ist problematisch, da Studien darauf hinweisen, dass nicht alle Mentoring-Programme gleichermaßen erfolgreich sind und einige wenige sogar zu negativen Effekten führen (vgl. u.a. DuBois, Holloway, Valentine & Cooper, 2002; DuBois, Portillo, Rhodes, Silverthorn & Valentine, 2011). Daher nimmt die Begleitforschung bei CyberMentor einen wichtigen Stellenwert ein und macht das Programm zum größten wissenschaftlich begleiteten Online-Mentoring-Programm für Mädchen im MINT-Bereich.

Forschungsdesign

Die fundierte und umfassende Begleitforschung bei CyberMentor liefert Erkenntnisse über erfolgreiche Mentoring-Prozesse und fließt in die kontinuierliche Verbesserung des Programms ein. Die Ergebnisse werden in wissenschaftlichen Publikationen anderen Mentoring-Programmen zur Verfügung gestellt. Die vier wichtigsten Bausteine der Begleitforschung sind:
(1) die längsschnittliche Begleitung der Programmteilnehmerinnen über mindestens drei Messzeitpunkte und teilweise über mehrere Jahre hinweg,
(2) die Wirkungsmessung mittels mehrerer Vergleichsgruppen,
(3) eine umfangreiche Datenerhebung mittels standardisierter Skalen sowie
(4) die Kombination von mehreren Erhebungsmethoden.

Umsetzung

Einige Mentoring-Programme messen ihren Erfolg anhand der Zufriedenheit der Teilnehmerinnen. Allerdings ist bekannt, dass Erfolge von Mentoring-Programmen durch eine reine Zufriedenheitsabfrage häufig sehr stark überschätzt werden. Aus diesem Grund ist es CyberMentor besonders wichtig, zu untersuchen, wie sich bestimmte Merkmale der Teilnehmerinnen über den Verlauf des Mentorings hinweg verändern.

Die Geschichte von CyberMentor

Im Jahr 2005 wurde CyberMentor von Prof. Dr. Heidrun Stöger und Prof. Dr. Dr. Albert Ziegler gegründet. Seitdem begeistert CyberMentor mehr als 9.200 Mentoring-Paare für MINT (vgl. Grafik „Entwicklung der Teilnehmerinnenanzahl“). Die Idee zur Einführung eines Online-Mentoring-Programms in Deutschland entstand bei einem Besuch der Projektleitung an der University of Alberta in Kanada. Kolleg*innen hatten dort das E-Mail-basierte Mentoring-Programm „Cybermentor“ initiiert. Aufgrund des vielversprechenden Ansatzes der Mädchenförderung durch Mentorinnen wurde ein Antrag für ein vergleichbares Programm in Deutschland verfasst. Während das kanadische Projekt ausschließlich auf eine E-Mail-Kommunikation zwischen den Mentoring-Paaren setzte, sah das deutsche Pendant zusätzlich eine Online-Plattform, Offline-Treffen und Schulungen für Mentorinnen vor. Mittlerweile hat CyberMentor mehrere Förderphasen durchlaufen.

Von 2005 bis 2007 wurde das damalige Pilotprojekt durch das baden-württembergische Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum gefördert. Als das Programm 2005 nach einer Vorbereitungsphase online ging, übertraf es seine ursprünglichen Ziele: Statt der geplanten 200 Mentoring-Paare nahmen ganze 359 Paare in den ersten beiden Jahren am Programm teil. Die Universität Ulm würdigte die Entwicklung von CyberMentor im Jahr 2006 mit dem Frauenförderpreis. Trotz dieser Erfolge wurde für das dritte Jahr keine Förderung bewilligt. CyberMentor wurde daher 2008 ehrenamtlich weitergeführt und konnte in der dritten Runde 256 Mentoring-Paare aufnehmen.

Die 2. Förderphase des Programms begann Ende 2008 mit der bundesweiten Förderung. CyberMentor wurde in den Nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen aufgenommen und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und durch den Europäischen Sozialfonds gefördert. Das CyberMentor-Team wuchs und organisierte – mit dem Ruf von Prof. Dr. Heidrun Stöger an die Universität Regensburg – nun auch von diesem Standort aus das Programm. Mit der Förderung durch das BMBF wurde zusätzlich zu einer deutschlandweiten Ausdehnung eine umfangreiche Begleitforschung eingeführt und die Teilnehmerinnenzahl auf jeweils 800 Schülerinnen und 800 Mentorinnen pro Runde festgelegt. 2011 zog das Ulmer-Team an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, da Prof. Dr. Dr. Albert Ziegler dort den Lehrstuhl für Pädagogische Psychologie übernahm. Um die Institutionalisierung des Programms und eine Förderung durch die Wirtschaft voranzutreiben, wurde im selben Jahr der CyberMentor-Beirat gegründet. Aufgrund des nachweislichen Erfolgs von CyberMentor (vgl. Abschnitt „Forschung bei CyberMentor“) wurde ab 2012 eine zweite finanzielle Unterstützung durch das Bundesministerium mit der Maßgabe bewilligt, das Programm zu verstetigen. Zeitgleich begannen sich entsprechend große Unternehmen wie Siemens AG, Daimler AG, IBM Deutschland, SAP AG, Krones AG und Maschinenfabrik Reinhausen GmbH als Sponsoren für CyberMentor zu engagieren. Wie die Pilotphase verlief auch die erste BMBF-Förderphase sehr erfolgreich: Insgesamt nahmen in den sechs Jahren 3.183 Mentoring-Paare teil.